Leseliste Martina
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- Veröffentlicht am Dienstag, 30. Oktober 2012 18:28
Madeleine Bourdouxhe, Gille´s Frau, 1937.
Da ist ein junges Ehepaar, ein Kind ist da, ein weiteres kommt während der Geschichte. Die Familie lebt in einem kleinen Haus, der Familienvater, Gilles, ist Arbeiter im nahen Werk, sie arbeitet nicht, ist zuhause und versorgt Mann und Kind. -Soweit so gut, eine typische Arbeiterfamilie. Die Frau hat eine jüngere Schwester. Und mit genau dieser bändelt der Mann an…. Er ist vernarrt in sie, seine Frau bemerkt bald, dass da etwas Ungutes zu laufen beginnt. Hochschwanger folgt sie eines Abends ihrem Mann, es ist kalt, nass, sie ist nur dürftig bekleidet, dünne Schuhe, und von ihrem Haus aus ins Dorf ist es ein Weg durch flaches Land, vereinzelt nur sind noch Häuser da. Gilles hatte gesagt, er würde noch in seine Stammkneipe gehen, dorthin geht er auch tatsächlich. Als er wieder herauskommt, nach recht kurzer Zeit, läuft er einen langen Weg, heraus aus dem Dorf…… sie folgt ihm, aber so, dass er es nicht bemerkt.Irgendwann ist nichts mehr zu verbergen, er trifft sich mit ihrer Schwester, sie weiß es, und er weiß dass sie es weiß. Jetzt ist er allerdings in einer schweren Not. Er leidet richtig, wegen seiner Verliebtheit, und auch deshalb, weil seine junge Geliebte ihm allerhand aufbürdet; sie lässt ihn immer im Unklaren, flirtet mit anderen Männern, er ist glühend eiferstüchtig. In seiner großen Not vertraut er sich seiner Frau an…… Sie selbst hat sich niemals was anmerken lassen, das Kind ist inzwischen geboren. Sie liebt ihren Mann, sie möchte ihn niemals verlieren und hofft durch ihr Verhalten, ihn wieder zurückgewinnen zu können. Er erzählt ihr also, was ihre Schwester mit ihm treibt, wie verzweifelt er ist. - Er hat niemanden sonst, nur seine Frau, mit der er seine Nöte teilen könnte. Und sie lässt sich darauf ein, diskutiert mit ihm sein Liebesverhältnis zu ihrer Schwester, und leidet stumm. Das Ende der Geschichte ist zwar überraschend, aber im Nachhinein eigentlich gar nicht anders möglich.
Ein sehr berührendes Buch, in einfacher aber treffender Sprache.
"Die Belgierin Madeleine Bourdouxhe (1906-1966) gehörte in den dreißiger Jahren zum literarischen Kreis um Sartre und Simone de Beauvoir. Dieser Roman einer zerstörerischen Leidenschaft, entstanden im Jahr 1937, erscheint hier erstmals in deutscher Sprache. Es handelt sich um eine subtile, ausweglose Dreiecksgeschichte, angesiedelt in Fabrikarbeiterkreisen einer belgischen Industriestadt." [Klappentext]
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- Veröffentlicht am Samstag, 20. Oktober 2012 17:18
Barbara Vine (i.e. Ruth Rendell), Der schwarze Falter, 1998.
Nach außen wirkt die Familie perfekt, und auch für die Kinder Hope und Sarah, beide schon um die dreißig ist die Familienwelt vollkommen in Ordnung. Bis der Vater, Gerald Candless, Schriftsteller, mit 71 Jahren überraschend verstirbt. Was für die Ehefrau die langersehnte Befreiung aus einer grausamen Ehe bedeutet, ist für die Töchter ein Zusammenbruch ihrer gesamten Welt. Denn als Sarah beginnt über den Vater und sein Leben für ein Buch zu recherchieren macht sie unglaubliche Entdeckungen.
Ein Familiendrama und eine Sozialstudie mit interessanten Wendungen die dem Leser häppchenweise, wie kleine Mosaiksteinchen präsentiert werden. Ein Buch zum rätseln und auch wundern.
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- Veröffentlicht am Dienstag, 04. September 2012 09:54
Kurto Wendt, Sie sprechen mit Jean Améry, was kann ich für Sie tun?, 2011.
Frank ist 32 Jahre und Lanzeitarbeitsloser - eher aus eigenem Antrieb. Vom Arbeitsamt gezwungen muss er nun sechs Wochen in einem T-Mobile Call Center arbeiten - mit guten Chancen danach übernommen zu werden. Der Job dort läuft gut. Er kann gut mit Menschen, und er kann sich sehr gut artikulieren. Mit den KollegInnen kommt er auch fabelhaft aus. Zur gleichen Zeit macht Frank, der sich als Call-Center Pseudonym den Namen Jean Améry zugelegt hat, zwei mysteriöse Bekanntschaften. Calla, so nennt er sie - die anonyme Anruferin, die ihn, egal auf welchem Desk er sitzt erreicht, und Bo, den Amerikaner, von dem er so gut wie nichts weiss, sich aber sehr zu ihm hingezogen fühlt und sich sogar in ihn verliebt. Frank ist guter Dinge, sein Leben ist plötzlich schön, er kann sogar der Arbeit Freude abgewinnen, besonders wegen Magda und Ronnie, zwei Arbeitskollegen die er sehr mag. Und doch bleiben viele Zweifel, was sein Leben ihm noch bringen soll. Was die Arbeit ihm gibt.
Ein wunderbares Buch, nicht schwermütig obwohl es schwierige Themen wie den Sinn des Lebens, Rassismus, Freundschaft und Liebe, Mut und die Kunst Entscheidungen zu treffen bearbeitet. Eine schöne Story mit einem überraschenden Ende, das die Leserin eigentlich schon auf den ersten Seiten erfährt.
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- Veröffentlicht am Freitag, 28. September 2012 12:21
Barbara Vine, Die Schwefelhochzeit, 1996.
Ein Krimi - fesselnd und hervorragend geschrieben. Sehr lesenswert. Auch für jene die Krimis nicht so schätzen wie mich! Ein Dank an Ulli, die mir dieses Buch empfohlen hat.
"Im Gegensatz zu den anderen Heimbewohnern ist Stella völlig klar im Kopf. Doch hütet sie ein dunkles Geheimnis, gibt nichts von ihrer Vergangenheit preis. Erst als ihre junge Pflegerin Jenny nach ihrem Tod Kassetten erbt, auf die Stella ihre Lebensbeichte gesprochen hat, kommt die Wahrheit ans Licht. Doch auch Jenny hat eine eigene Geschichte …»Eine kunstvoll erzählte, ergreifende doppelte Liebesgeschichte, eine Geschichte über Leidenschaft und Konventionen, Ausbruch und Moral, gestohlenes Glück, schicksalhaftes Verhängnis: ein einfühlsames Doppelportrait zweier Frauen.«
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- Veröffentlicht am Sonntag, 02. September 2012 16:00
Carmen Rico-Godoy, Perfekte Frauen haben`s schwer, 1991.
Ein Büchlein aus der Sicht einer Frau im besten Alter. "Er lässt den Pascha heraushängen, will geliebt, verstanden und bewundert werden - und sie macht alles natürlich mit links. herzerfrischend, wie Carmen daraus die Konsequenzen zieht" (Klappentext). Herzerfrischend fand ich die Lektüre leider nicht. Ein Roman voller Bitterkeit und Zorn. Viele Situationen die wir Frauen, zumindest in Ansätzen auch so kennen, und auch die entsprechenden Gefühle steigen beim Lesen hoch. Ein Buch, das man zur Sicherheit für den Mann, nicht in dessen Gegenwart lesen sollte - sonst bekommt er prompt sein Fett ab und weiss gar nicht warum - fast so wie im Buch. Sie wissen es nie, und wir verzeihen es ihnen.